
Verfassungsschutzbericht: Bayerns Innenminister Herrmann sieht verschärfte Lage

Die Gefährdungslage in Bayern hat sich nach den Worten von Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) "spürbar verschärft". Die innere Sicherheit werde "in einem bisher nicht bekannten Ausmaß auf den Prüfstand gestellt", erklärte Herrmann am Freitag zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2024. Die Gefahr durch Islamismus ist dem Bericht zufolge so hoch wie lange nicht. Russische Akteure versuchten außerdem, Desinformation und Propaganda zu verbreiten.
Besonders besorgniserregend sei, dass die Botschaften der Extremisten aus allen Bereichen immer häufiger "auch bei jüngeren Menschen, oftmals sogar Minderjährigen" verfingen, erklärte Herrmann. Extremisten nutzten soziale Netzwerke, um ihre Ideologien zu verbreiten.
Die Gefährdungslage durch Anschläge und Anschlagsversuche mit unterschiedlich stark ausgeprägter islamistischer Tatmotivation sei nach Einschätzung von Experten so hoch wie seit langer Zeit nicht mehr. Der Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe der islamistischen Szene neuen Auftrieb verschafft.
Dabei gehe die Bedrohung einerseits von islamistischen Netzwerken aus. Die meisten Anschläge seien jedoch von Einzeltätern ohne Anbindung an solche Netzwerke begangen worden.
In der rechtsextremistischen Szene Bayerns stieg die Zahl der Szeneangehörigen den Angaben zufolge 2024 von 2725 auf 2740. Herrmann sieht eine mögliche Ursache im verschärften Werben um jüngere Anhänger, insbesondere durch Angebote von Sport- und Kampfsportaktivitäten.
Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Straftaten ging allerdings von 476 im Vorjahr auf 407 im Jahr 2024 zurück. Das galt auch für die Zahl der Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund, die von 52 auf 39 sank.
Das Potenzial derjenigen, die der Szene der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter zuzurechnen seien, habe sich leicht von 5406 im Vorjahr auf 5430 erhöht. 500 von ihnen seien potenziell gewaltorientiert. Insgesamt seien Reichsbürger allerdings deutlich weniger häufig straffällig geworden als in den Vorjahren. Die Zahl der Gewaltdelikte sank von 73 auf 26, die Zahl der sonstigen Straftaten von 233 auf 81.
In der linksextremistischen Szene habe der Schwerpunkt auf Solidaritätsaktionen für inhaftierte Szeneangehörige und der Agitation gegen einen von der Szene konstatierten Rechtsruck in der Gesellschaft gelegen. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes setze die Szene zunehmend ungehemmt auf Einschüchterungs- und Gewaltstrategien, teilte Herrmann mit.
Im Bereich der Spionage und Cyberabwehr sei die Lage im vergangenen Jahr äußerst angespannt gewesen. "Die Experten stellten hier vor allem Einflussoperationen russischer Akteure fest", erklärte Herrmann. Damit solle gezielt Desinformation und Propaganda in Deutschland verbreitet werden.
W.Bonnet--PS